Colin Pearsons
achtzigster Geburtstag bietet eine willkommene Gelegenheit, eine
der großen Gestalten der modernen europäischen Keramik
zu feiern - einen Mann, dessen Werk deshalb zu einem Wahrzeichen
britischer keramischer Kunst geworden ist, weil Colin sich seine
eigene, höchst innovative, Sprache geschaffen und einen Stil
entwickelt hat, der die vielschichtige Kenntnis der historischen
Tradition mit seiner ganz eigenen formalen Phantasie verbindet.
Da er wußte, wie schnell ihn etwas langweilen konnte, entschied
er sich gegen die lebenslange Herstellung von Gebrauchskeramik.
In den sechziger Jahren kam dann der große Schritt nach vorne,
als er die Drehscheibe radikal anders einsetzte und eine gelöste,
sehr gestische Technik des Drehens entwickelte, die in die natürliche
Beschaffenheit von Ton etwas auffällig Frisches und Expressives übertrug.
Dann begannen in den frühen Siebzigern die Flügel
und Applikationen zu erscheinen, mit denen er eine neue Art von
kontrapunktischer Bewegtheit schuf und die seinen großzügig
konzipierten zylindrischen Formen sowohl ein Element des Gleichgewichts
hinzufügten als auch eine besondere Dynamik vermittelten.
Dabei gelang es ihm nicht nur, eine neue konstruktive Idee in
die Herstellung von im wesentlichen von der Drehscheibe ausgehenden
Gefäßen einzuführen, sondern er schuf damit auch
ganz besondere skulpturale Gegenstände, die zwar immer noch
in der großen Linie der Tradition standen, den Rahmen der
keramischen Form aber erweiterten. Aus diesen Objekten entwickelte
sich eine Vielzahl von Formen und Gestalten in fragilem Porzellan
von durchscheinender Feinheit ebenso wie in monumentalen Gebilden
aus Steinzeug wie großen Schalen, flacheren reliefbetonten
Objekten, hohen, energiestrotzenden Krügen mit spiraligen
Henkeln. Je kühner die Stücke, desto kühner die
Glasuren, die nach Farbe und Oberflächenwirkung außerordentlich
vielfältig sind, doch immer Material und Bau des Gefäßes
akzentuieren. Pearson ist auch ein überragender Miniaturist,
dessen besondere Kunst, klare Umrißlinien zu erfinden,
sich auch in kleinen, intimen Formaten verwirklicht.
Colin Pearson wird nicht nur sehr geachtet, sondern auch geliebt.
Trotz des Tributs, den in jüngerer Zeit die Krankheit von
ihm forderte, ist ihm sein hintergründiger Humor erhalten
geblieben, der genau so zu ihm gehört wie eine geistige
Großzügigkeit von seltenem Zuschnitt, die Generationen
von Studenten, aber auch alle, die ihm sonst begegnet sind, erleben
konnten. Wir verneigen uns nicht nur vor seiner Lebensleistung
als Künstler und Lehrer, sondern auch vor seiner warmen,
nie versagenden Menschlichkeit. Wir danken dir, Colin und wünschen
zum Geburtstag viel Glück!
DAVID WHITING
Aus dem Englischen übersetzt von
Joachim Utz
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