Sonderausstellung

 
 

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1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011

Vorschau auf das Jahresprogramm 2011 der Galerie Marianne Heller Heidelberg

 

 

In sechs Ausstellungen um die Welt

Sie geht nun in ihr dreiunddreißigstes Jahr, die Galerie der Marianne Heller – auch nach einem Drittel Jahrhundert schreitet die Heidelberger Galeristin ihren Weg konsequent vorwärts und bewährt den durch gleichermaßen hartnäckige wie risikofreudige Arbeit befestigten Ruf, in Deutschland die erste Adresse für internationale zeitgenössische Keramik zu sein. Frei heraus gesagt: Keine bundesdeutsche Institution, kein Museum kann konkurrieren mit dem, was hier, in den großzügigen Räumen des repräsentativen Flachbaues am Heidelberger Stadtgarten, über`s Jahr an keramischer Internationalität zu sehen ist – kein Museum, keine Institution mag in Anbetracht der allseits beklagten desolaten Finanzlage noch derart ausgreifen und sich für den Bereich der Keramik auch nur in annäherndem Maße engagieren. Wie die Privatfrau Marianne Heller ihr Programm dann doch immer wieder auf die Beine stellt, bleibt bewundernswert und rätselhaft zugleich – Fakt ist: So konzentriert wie hier sind an keinem anderen Ort in deutschen Landen gleichermaßen Stars wiederzusehen wie Neuentdeckungen zu machen, gepickt von der ganzen keramischen Erdkugel. Wer immer ein Faible für das Genre hat, kommt nicht umhin, mehrfach per anno sich die Neckar-Metropole zum Reiseziel zu wählen oder doch zumindest den Zwischenhalt zum Besuch der Galerie einzuplanen. Und daß dies auch 2011 so sein wird, dafür bietet das neue Programm mit den Länderstationen USA, Japan, Deutschland, Tschechische Republik, Brasilien und Schottland vielfach Anlaß. (Nebenbei: Daß Marianne Heller im vergangenen Jahr in den Council der Genfer Académie Internationale de la Céramique (AIC) gewählt wurde, darf als Anerkennung ihres Engagements gelten: Congratulations!)

Den Auftakt des Galerie-Jahres 2011 bildet am 30. Januar eine Matinée mit einer Präsentation zum Motto „So weiß wie...“ – aus Galeriebeständen eine Zusammenstellung, die alle Schattierungen von Weiß und beileibe nicht nur Porzellan zeigt: Schöne Gelegenheit, Arbeiten von Arnold Annen, Gordon Baldwin, Michael Cleff, Daphne Corregan, Ken Eastman, Stefanie Hering, Saturo Hoshino, Suku Park, Rupert Spira, Aisaku Suzuki u. a. wiederzusehen oder neu zu entdecken – für alle Spät-Entschlossenen und Zuspät-Gekommenen...

Die erste Sonderausstellung vom 20. Februar bis zum 3. April wird dann gleich ein Highlight für alle Freunde und Freundinnen japanischer Keramik und der Ästhetik des im Holzofen Gebrannten: Nach rund zweieinhalb Jahren sind Isezaki Jun aus Japan und Jeff Shapiro aus den USA wieder in einer gemeinsamen Ausstellung mit neuesten Arbeiten präsent. Isezaki Jun, 2004 zum „lebenden Nationalschatz“ ernannt – die höchste Auszeichnung, die ein japanischer Keramiker erhalten kann – steht ganz in der seit sieben Jahrhunderten ungebrochenen Tradition von Bizen: Unglasiertes, nur der Glut und dem Aschenanflug in langen Tunnelöfen ausgesetztes Steinzeug in traditionellen Formen, oft mit eingebrannten Mustern salzgetränkten Strohs. So sehr Isezaki Jun dieser Herkunft auch verpflichtet ist, hat er gleichwohl den Formenschatz in unverkennbarer Weise vorsichtig personalisiert, so in seinen geflügelten Kasten-Vasen mit den unregelmäßig ausgeschnitten Füßen. Extremer noch in den anflugverkrusteten Oberflächen und der schon skulpturalen Anmutung zeigen sich die kantigen Arbeiten des Amerikaners Jeff Shapiro. Lange Jahre in Japan tätig gewesen und heute in New York lebend, gilt Shapiro als einer der großen westlichen Weiter-Entwickler der Technik des Holzofenbrandes.

Seinen experimentellen Höhepunkt erreicht der Ausstellungsreigen schon vom 10. April bis zum 22. Mai. Den schlichten Titel „Tee-Tisch“ haben Studenten und Studentinnen der Klasse von Frau Prof. Kerstin Abraham an der Kieler Muthesius Kunsthochschule zum Anlaß genommen, ihm metaphorische Dimensionen abzulauschen – von der Kultur und Soziologie des Tee-Trinkens werden ihre Arbeiten handeln. Neben benutzbaren Tee-Sets werden Kleininstallationen Tee-Tische und Tischlandschaften inszenieren, die über Gesellschaftlichkeit und Gewohnheiten sinnieren lassen. Der Tee-Automat und die Thermoskanne werden als Kunstobjekte ebenso thematisiert wie die Beiläufigkeit des Teetrinkens beim computergesteuerten Raketeneinschlag im Afghanistan-Krieg. Kerstin Abrahams eigener Beitrag wird eine Hommage an die dekorierten Teekannen Hedwig Bollhagens sein, drapiert auf fayencener Platte eines Eschenholz-Tischchens... Gemeinsam mit den Kieler Adepten stellen der englische Keramiker Julian Stair und die in Deutschland die Keramische Werkstatt Margaretenhöhe Essen leitende Koreanerin Young-Jae Lee aus, die beide als Gastdozenten die Kieler Klasse zum Thema unterrichteten. Julian Stair ist berühmt für seine enigmatischen Stilleben von Teegefäßen und -kannen aus grauem oder rotem Steinzeug oder weißem Porzellan, unnahbar auratische Ensembles, die in ihrer formalen Klarheit den Ritus des Darbietens versinnbildlichen – Young-Jae Lees fein glasierte Schalen, mehrfach auch in Installationen präsentiert, zelebrieren die Nuance, jene entscheidende kleine Differenz, die aus gleichen Dingen Individuen macht.

Die Reihe der Ausstellungen mit Keramikern aus Tschechien findet ihre Fortsetzung mit der folgenden Schau vom 19. Juni bis zum 31. Juli: „Zwischen Prag und Budweis“ präsentiert neue Arbeiten von Pavel Drda, Elzbieta Grosseová, Jiri Laštovicka, Tomáš Proll, Eva Slavíková sowie, als Gast der Tschechen, des Japaners Kaku Hayashi. Ein weiteres Mal werden hier in den unterschiedlichsten Formen der Abstraktion und immer wieder in der menschlichen Figur der Hintersinn und die Ironie der Osteuropäer, aber auch die drängende Sorge um die existentielle Situation des Menschen Ausdruck finden, während Kaku Hayashi mit seinen von der Philosophie des Zen oder von ephemeren Naturphänomenen inspirierten Werkreihen auf der Suche nach einer universellen Symbolsprache ist.

Ein Schwerpunkt bleibt die Keramik Japans: Nachdem sich die Zusammenarbeit mit der Yufuku-Galerie aus Tokio im vergangenen Jahr als höchst erfreulich erwiesen hat, wird vom 4. September bis zum 9. Oktober wieder eine Gast-Schau der Tokioter Galerie mit vier japanischen Keramikern zu sehen sein: Atsushi Takagakis vielfach geknickte Gefäße, überzogen mit fein craqueliertem Seladon, dem kupferrote Flächen und Kanten einen edlen Kontrast bieten – Takuo Nakamuras grobflächige Steinzeuggefäße und Platten, die er partienweise mit einer aus dem Dekor des Kutani-Porzellans stammenden üppigen Malerei überzieht – Katsumi Kakos gebaute Steinzeuggefäße mit ihren dezenten, archaisch wirkenden Mustern – Yoko Imadas ausladende Porzellanschalen mit laufender, klarer Glasur.

Keramisches Neuland wird vom 23. Oktober bis zum 27. November betreten: Das Keramikerpaar Elizabeth Fonseca und Gilberto Paim arbeitet zwar in Brasilien, sie stehen aber mit ihren linear-geometrisch dekorierten Porzellan- und Steinzeug-Vasen eher in einer Linie mit dem Werk Lucie Ries oder mit dem Design Skandinaviens. Auch wenn sie südlich des Äquators entstehen, bestimmen überraschende Kühle, formale Strenge und farbliche Zurückhaltung diese stets funktionalen, im besten Sinne dekorativen Arbeiten.

Den Abschluß des Jahres und Übergang nach 2012 bilden vom 11. Dezember bis zum 29. Januar die so irritierenden wie anrührenden Plastiken der schottischen Künstlerin Susan O`Byrne – Tierplastiken, die einzelne Tiere – Fuchs, Gepard, Gazelle... – wie einer erzählten Situation entnommen zeigen, märchenhafte Geschöpfe wie aus Fabeln, verletzlich und hager, doch zart farbig-scheckig zugleich auch, was aus der Art der Montierung von Tonplatten auf ein Drahtskelett resultiert – nicht realistisch, aber real wie im Traum.

Dr. Walter Lokau, Leipzig


 
 

Öffnungszeiten:

Di - Fr 11 - 13 & 14 - 18 Uhr
Sa 11 - 18 Uhr
und nach Vereinbarung

 

Ausstellungsort:

Galerie Heller, Friedrich-Ebert-Anlage 2, D-69117 Heidelberg

 

 
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