Isezaki Jun
„Indem ich der Arbeiten meiner großen Vorfahren
stets gewahr bleibe, hoffe ich, etwas Neues hervorzubringen, das
Gegenwart und Tradition gleichermaßen repräsentiert.“
Isezaki Jun
Isezaki Jun (*1936) ist heute einer der angesehensten Keramiker
Japans: 2004 wurde er zum „Lebenden Nationalschatz“
ernannt, die höchste staatliche Auszeichnung, die einem Keramiker
in Japan zuteil werden kann. Sein Werk ist tief verwurzelt in der
fast tausendjährigen, ungebrochenen Steinzeug-Tradition von
Bizen in der Präfektur Okayama: Aus einer Künstlerfamilie
aus Imbe/Bizen stammend hatte er sich nach dem Kunststudium bewußt
dafür entschieden, die eigene Arbeit in den Traditionszusammenhang
von Bizen, einem der legendären „Sechs alten Öfen“
Japans, zu stellen. Entscheidend für sein Schaffen war die
Anfang der 60er Jahre von seinem frühverstorbenen Vater begonnene
Rekonstruktion eines nur als antike Ruine noch vorhandenen Anagama-Ofens,
Vorbild für den eigenen Ofen. Unglasiert eingestellt sind die
Keramiken während des 12 Tage währenden Feuerns bei mehr
als 1200°C der Glut und den Holzaschen ausgesetzt, was sehr
charakteristische Oberflächen ausbildet. Je nach Standort und
Lage im Ofen bilden sich ausschmelzende Anflugglasuren von brauner,
rötlicher, grauer und ockerner Färbung, vom Feuer gezeichnete
Landschaften, krustig mitunter, einer Ästhetik folgend, die
in ihrer asymmetrischen Natürlichkeit dem westlichen Begriff
von makelloser Schönheit sehr entgegensteht, in Japan aber
allerhöchste Wertschätzung genießt. Für Bizen
typische Dekorarten – rötliche Brandstreifen von Reisstroh,
hidasuki, oder der Kontrast von im Brand abgedecktem, nacktem und
vom Feuer offen gefärbtem Scherben – verstärken
noch den Eindruck von Naturgleichheit. Isezaki Juns Werk ist auch
formal dem Kanon der zumeist auf der Scheibe gedrehten Bizen-Keramik
verpflichtet: Sake-Flaschen, Teller, Schalen, Platten oder die für
die Tee-Zeremonie typischen, westlichen Augen oft grob erscheinenden,
unregelmäßigen Gefäße wie Dosen, Schalen,
Wasserbehälter oder Vasen fügen sich in den historischen
Kontext. Achtung und Bewahrung der Tradition lassen den Formenschatz
freilich nicht erstarren. Behutsam und angeregt durch alte Vorbilder
hat Isezaki Jun neue Formen und plastische Arbeiten entwickelt:
Seine montierten, hohen Kastenvasen mit modellierten Eck-Flügeln
und ausgeschnittenen Füßen, oft durch eisenhaltige Engoben
schwarz gefärbt, oder die stelenartigen, wie geborstene Relikte
einer Titanen-Kultur wirkenden Plastiken zeugen von den unerschöpft
vitalen Kraft der keramischen Tradition Bizens.
Beispiele von Isezaki Jun:
Jeff Shapiro
„Ich bin daran interessiert, die Technik des Holzbrandes,
wie ich sie in Japan erlernt habe, in neue Richtungen voranzutreiben
– Material und Form in ihrem Verhältnis zu den Effekten
zu begreifen, die sich durch Standort und Lage der Keramik im Ofen
und die Brandführung ergeben.“ Jeff Shapiro
Der Amerikaner Jeff Shapiro (*1949) lernte und arbeitete von 1973
bis 1980 in verschiedenen Keramik-Werkstätten Japans, u. a.
in Bizen, auf der Suche nach neuen Mitteln für eine elementarere
und materialorientierte Ausdrucksweise, da das Ideal handwerklich
perfekt hergestellter Keramik schal geworden war. Jeff Shapiro wandte
sich dem traditionellen Holzofenbrand Japans zu, der einer dem westlichen
Schönheits- und Werkbegriff entgegengesetzten, gleichsam naturbelassenen
und nicht vollständig von handwerklicher Technik beherrschten
Ästhetik verpflichtet ist. In die USA zurückgekehrt baute
1981 er im nördlich von New York gelegenen Accord einen Anagama-Ofen
nach japanischem Vorbild und gilt heute, nach dreißigjähriger
Arbeit, als einer der weltweit führenden Keramiker auf dem
Gebiet des Holzbrandes. Merklich – es ist, als verlange geradezu
der Ofen die Reminiszenz – steht Jeff Shapiro mit vielen seiner
Gefäßen oder Platten, von gedrehten und geschnittenen
Tee-Schalen bis hin zu großen, nur in Form gedrückten
Tellern in der japanischen Tradition. Anders aber als die dem Herkommen
und den Naturgewalten schier demütig gegenüberstehenden
Japaner forciert der Amerikaner die der Natur analoge Ästhetik.
So gleichen seine mitunter shinoglasierten oder engobierten Steinzeug-Gefäße
dick verkrusteten, seit Jahrhunderten auf dem Meeresboden verschollenen
Fundstücken, die Muschel-Male tragen, von Strähnen und
Flüssen klar-grün ausgeschmolzener Holzasche horizontal
umlaufen, voller Schründe und Pocken. Von Tradition ungezügelt
zeigen sich auch Jeff Shapiros plastische Arbeiten: Breite, aus
zackigen, kantigen Platten montierte Formen, deren hard-edges in
Spannung stehen zu den vom Feuer organisch gezeichneten Oberflächen.
Daß Jeff Shapiro mit seinen Arbeiten auch in Japan höchstes
Ansehen genießt, mag die Tatsache belegen, daß der „Lebende
Nationalschatz“ Isezaki Jun seinen Sohn Koichiro bei dem Amerikaner
in die Lehre schickte.
Beispiele von Jeff Shapiro:
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