Sonderausstellung

 
 

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„Über Genres und Kontinente hinweg...“

Das Jahresprogramm 2016 der Galerie Marianne Heller

 

Wer glaubt, es habe sich im 38. Jahr der Heidelberger Galerie für zeitgenössische keramische Kunst Routine eingestellt, der liegt falsch – und richtig zugleich. Richtig in dem Sinne, daß mit der langjährigen Galerieroutine Vertrauen in die Machbarkeit von Projekten gewachsen ist. Was vordem fern in jedem Sinne lag, wird heute über alle Grenzen hinweg angegangen. Falsch bleibt der Verdacht auf Routine allerdings in der Unterstellung, es käme Langeweile auf. Das Gegenteil ist der Fall – die Spannung läßt nie nach: Bei aller Zuversicht in die eigenen Vorhaben und allem Vertrauen auf alle Beteiligte bleibt jede Ausstellung ein aufregendes Wagnis, logistisch, ästhetisch und, nicht zuletzt, finanziell. So ist denn auch das Jahr 2016 wieder angefüllt mit Wagnissen, Grenzen in vielerlei Hinsicht zu überschreiten. Japan – Europa – USA heißen 2016 die Stationen; Keramik – Lack – Autorenschmuck die Genres: Auf daß künstlerisches Wagnis und galeristisches Kalkül aufgehen…

Es ist nicht nicht das erste Mal, daß die Galerie Heller die keramischen Pfaden verläßt, um sich den Lackarbeiten Japans zuzuneigen. Geschah dies bisher nur beiläufig innerhalb einer gemischten Gruppenausstellung, so ist die diesjährige Premierenausstellung zur Gänze der fremdartigen Eleganz des urushi gewidmet. Mit der Schau „Lackkunst Junger Japanischer Künstler“ präsentiert Marianne Heller vom 6. März bis zum 17. April sechs jüngere Lackkünstler und -künstlerinnen – Chitaka Hashimoto (*1972), Yoshihiko Murata (*1977), Naomi Kamata (*1976), Seichiro Fujino (*1972), Ken Noguchi (*1982), Katsuji Kamata (*1977) –, die zeitgenössische Varianten der jahrtausendealten Tradition Fernosts zeigen – hochästhetische Wunder in Gestalt von Gefäßen und Objekten, hauchdünn überzogen von bis zu 200 Schichten des raffinierten Lackbaum-Saftes.

Fouilhoux Ein Magier keramischer Wunder kehrt mit der zweiten Ausstellung nach vielen Jahren endlich wieder zurück nach Deutschland: Der zurückgezogen in seinem Atelier in Mont-près-Chambord arbeitende Franzose Jean-François Fouilhoux ((*1947). Seit zwei Jahrzehnten widmet sich der schon zu Lebzeiten legendäre Keramiker ausschließlich der auratischen Seladonglasur auf Porzellan, erst auf Gefäßen, dann mehr und mehr auf freien Formen von großer Dynamik. Seine jüngsten Arbeiten – wie schnelle Schriftzüge in freier Gestik aus dem Porzellanblock geschnittene Bänder – scheinen der Schwerkraft, ja dem Irdenen der Keramik überhaupt zu entkommen - lichthell glänzendes Seladon in der Bewegung einer unnachahmlichen Geste: „Le Geste“ vom 24. April bis zum 19. Juni.

Fouilhoux Die Vitalität der US-amerikanischen Keramikszene belegen vom10. Juli bis zum 4. September der New Yorker Keramikprofessor Marc Leuthold (*1962) und der Holzbrand-Pionier Peter Callas (*1951). In jungen Jahren war Peter Callas auf die rauhe, vom Aschenanflug gezeichnete Schönheit der Gefäße aus den traditionellen Holzbrandöfen gestoßen und verfiel augenblicklich dem pyromanischen Zauber. Zurück in den USA baute er 1976 den ersten Anagama Amerikas, eine wahre Welle der Begeisterung für den Holzbrand auslösend. Seine kraftvollen Gefäße und ausdrucksstarken Plastiken zeugen mit ihrer elementaren Wucht von der Ursprünglichkeit jener archaischen Brenntechnik und der Unvorhersehbarkeit ihrer Ergebnisse. Marc Leutholds Skulpturen aus Porzellan und Steinzeug dagegen sind von flirrender Poesie: Trichter-, Rad- und Kreisformen, denen scharfgratige radiale Lamellen-Strukturen filigran eingeschnitten sind – wirbelförmige Gebilde von assoziativem Potential – Symbole des Transitorischen aller Dinge.

Mit der vierten Ausstellung vom 9. Oktober bis zum 20. Novembergeht es zurück in den fernöstlichen Inselstaat, wobei nun die Keramik Japans auf das Schönste zu ihrem Recht kommt: Mit Shigekazu Nagae (*1953) und weiteren Keramikkünstlern findet die höchst erfreuliche Zusammenarbeit der vergangenen Jahre mit der Tokioter YUFUKU Gallery ihre Fortsetzung. Der Magier des weißen Goldes zeigt neueste, schier unglaubliche Entwirklichungen der in der Verarbeitung oft für spröde erachteten Materie: Die im Brand gezielt verformten und am Ende wie schwebend wirkenden Bänder zelebrieren die schiere Schönheit reiner Eleganz der Form.

Ein Figuren-Reigen nimmt die letzte Ausstellung vom 4. Dezember 2016 bis zum 15. Januar 2017 ein: Mit den„Begegnungen“ “ treffen sich die Wesen der Beate Thiesmeyer (*1952), Menschen und Tiere, wobei die Grenze beider mitunter nicht so ganz klar zu sein scheint. Eine eigene traumhafte Welt ersteht hier, in der ein barscher Realismus zurücktritt zugunsten einer zauberhaften Poesie, die die eigentlich Geschiedenen eigenartig zusammenspielen läßt.

Dr. Walter Lokau, Bremen

 

 

Öffnungszeiten:

Di - Fr 11 - 13 & 14 - 18 Uhr
Sa 11 - 18 Uhr
und nach Vereinbarung

Ausstellungsort:

Galerie Heller, Friedrich-Ebert-Anlage 2, D-69117 Heidelberg

 

 
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