Mit Blick auf das Programm ihres 39. Jahres stünde strenggenommen eine Namensänderung der
Galerie an. Was in den letzten Jahren sich zunächst beiläufig ankündigte, ist schließlich Teil
der Ausstellungsprogrammatik geworden: Die Öffnung der stets exquisiten Schauen für andere
Materialbereiche. Aus der sortenreinen "Galerie für zeitgenössische keramische Kunst" der
Marianne Heller ist eine veritable "Galerie der Künste des Materials" geworden, wenngleich mit
dem immer noch gültigen und gewiß niemals vernachlässigten Schwerpunkt auf der künstlerischen
Keramik der Gegenwart. In diesem mählichen Wandel spielte gewiß Japan, das Land höchster Achtung
handwerklicher Materialkünste, als Anregung eine gewichtige Rolle, aber der Impuls langt darüber
hinaus: Es gilt, das entdeckende Staunen über die wunderbare Vielfalt und das schöpferische
Ingenium in verschiedenen Genres einem für die Schönheit der Dinge empfänglichen Publikum
weiterzugeben. Die Galerie hat sich zum Ort dieser Weitergabe, einer solchen Tradition gewandelt
- sie ist ein Ort, an dem in feiner Präsentation erlesene, einzigartige und lebendige Objekte
aus aller Welt tatsächlich präsent sind, als ästhetischer Genuß anzuschauen, buchstäblich zu
begreifen und, man vergesse auch das nicht, zur dauerhaften Freude zu erwerben.
So bilden, wie schon im vergangenen Jahr, sechs jüngere Lackkünstler aus Japan den Auftakt im
Jahresreigen: Vom 5. März bis 30. April entfalten Seichiro Fujino (*1972), Katsuji Kamata
(*1977), Naomi Kamata (*1976), Yoshihiko Murata (*1977), Yuki Nakamura und Ken Noguchi (*1982)
den ganzen traditionellen wie aktuell abgewandelten künstlerischen Zauber jener gerade Europäern
so wenig geläufigen Materialkunst des japanischen urushi, der Jahrtausende alten Lackkunst. Das
unerschöpfliche Wunder, wie hier aus einem bloßen Naturstoff, dem reinen, in zahllosen Schichten
langwierig aufgetragenen Saft des Lackbaumes geradezu entwirklicht subtile Oberflächen auf
Gefäßen und Objekten erzeugt werden, läßt auch die Reprise zu einer ausstellerischen
Neukomposition geraten.
Das keramische ?uvre der gebürtigen Amerikanerin Daphné Corregan (*1954), seit 1971 in
Südfrankreich lebend und seit 1989 als Professorin an der Hochschule für plastische Künste in
Monaco lehrend, steht vom 14. Mai bis 25. Juni im Zentrum des Ausstellungsgeschehens der
Galerie. Scheinbar ist das vieldeutige Werk der mit Preisen bedachten und weltweit in Museen
vertretenen Bildhauerin nicht auf einen Nenner zu bringen. Gespeist aus vielen kulturellen,
gegenwärtigen wie historischen Quellen, ihrer Herkunft aus dem melting pot der USA, ihrer
mediterranen Heimat wie auch beeinflußt von Reisen rund um den Globus, ist es bestimmt vom
Dialog der Dinge und Kulturen, suchend in zumeist freien, mitunter auch gegenständlichen, oft im
weitesten Sinne der Idee des Gefäßes verpflichteten Plastiken und Wandarbeiten nach einem
kompositorisch-symbolischen Gleichgewicht von Form, Farbe und Zeichnung. Der Vielgestaltigkeit
zum Trotz zeugen die Arbeiten in ihrer Gesamtheit von der durchgehend konsistenten Handschrift
einer großen Künstlerin.
Keramisch und nicht minder vielgestaltig geht es vom 9. Juli bis 20. August weiter. Die
langlebigste und bedeutendste Künstlervereinigung der hiesigen keramischen Szene Deutsche
Keramiker - Gruppe 83 präsentiert sich, beileibe nicht das erste Mal in der Heidelberger
Galerie, mit aktuell 15 Mitgliedern nebst 2 Gästen: Karin Bablok (*1964) - Antje Brüggemann
(*1941) - Michael Cleff (*1961) - Monika Debus (*1961) - Cathy Fleckstein (*1955) - Christa
Gebhardt (*1955) - Christoph Möller (*1952) - Renée Reichenbach (*1956) - Elisabeth Schaffer
(*1935) - Kyra Spieker (*1957) - Vera Vehring (*1944) - Fritz Vehring (*1944) - Gotlind Weigel
(*1932) - Gerald Weigel (*1925) - Friederike Zeit (*1963) sowie Petra Bittl (*1970) und Simon
Horn (*1978). Vor nunmehr 34 Jahren als Zusammenschluß der deutschen Mitglieder der Genfer
Académie Internationale de la Céramique gegründet (und damit nur wenig jünger als Marianne
Hellers Galerie) ist die inzwischen legendäre Gruppe 83 ihrer wechselvollen Geschichte zum Trotz
die große Konstante in der sich verändernden Keramikwelt Deutschlands geblieben. Wesentlicher
Teil der Geschichte der deutschen Keramik repräsentiert sie zugleich auf höchstem Niveau und
generationenübergreifend Vielfalt und Wandel keramischen Arbeitens vom klassischen Gefäß bis zu
den Differenzierungen keramischer Plastik. Immer um keramischen Nachwuchs bemüht hat die Gruppe
diesmal den an der Burg Giebichenstein ausgebildeten Simon Horn mit seinen
materialübergreifenden Schichtarchitekturen sowie Petra Bittl mit ihren von Malerei und
Zeichnung lebenden Gefäßen, Objekten und Platten eingeladen.
Die vierte Ausstellung des Jahres vom 8. Oktober bis 26. November gibt sich keramisch vollkommen
konzentriert und das das mit gutem Grund: Shigekazu Nagae (*1953) zeigt zeitgenössische
Keramikkunst aus Japan in Reinkultur. Der auf dem ganzen Globus bewunderte japanische
Star-Keramiker montiert seine atemberaubenden, allen Begrenzungen keramischer Technik
hohnsprechenden Gebilde aus scharfgratigen Porzellanplatten, die in kontrollierten Verformungen
im Brand Gestalt und Spannung gewinnen und dabei leicht wie vom Wind bewegtes, zu purer Eleganz
geblähtes Papier wirken. Die für Europa exklusive Schau ist ein weiteres Mal eine Kooperation
mit der YUFUKU Gallery in Tokio.
Den unkeramischen, gleichwohl aber strahlenden Abschluß des fünfteiligen Ausstellungsjahres
bildet vom 10. Dezember 2017 bis 14. Januar 2018 unter dem Titel New Dimensions in Jewellery ein
Spitzentrio der internationalen Schmuckkunst, bestehend aus der in Deutschland lebenden
Australierin Helen Britton (*1966), dem Schweizer David Bielander (*1968) und dem Japaner Yutaka
Minegishi (*1973). Die drei vielfach ausgezeichneten Avantgardisten des Autorenschmucks, die
jeder für sich mit unkonventionell-ironischen, materialkombinierenden oder provokativen
Kreationen Furore gemacht haben, werden die Galerie mit einer einzigartigen
Präsentations-Installation in ein spektakuläres Raum-Gesamtkunstwerk verwandeln und damit
crescendo-prächtig in das Jubeljahr des 40jährigen Bestehens der Galerie Marianne Heller
überleiten...
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